Kann-Kind

Momentan sehe ich viele Texte über die Einschulung und besonders zum Thema Kann-Kinder. Irgendwie habe ich es tatsächlich geschafft gleich zwei Kinder zu bekommen, die genau diese Regelung betrifft. Ein Kann-Kind darf nämlich auch früher in die Schule. Das Geburtsdatum liegt so, dass die Eltern darüber entscheiden können, ob das Kind ein Jahr früher in Schule gehen darf oder nicht. Neulich habe ich einen Text gelesen in dem eine Mama schreibt, dass sie sehr zufrieden damit ist, dass ihr Kind früher eingeschult wurde und ich finde es toll, dass das Kind und die Eltern glücklich sind. Trotzdem liegt es mir am Herzen auch mal darüber zu schreiben, dass wir es genau umgekehrt entschieden haben und auch sehr glücklich sind. Heute ist mein 1. Kann-Kind bereits in der Oberschule und wir haben unsere Entscheidung nie bereut.

Viele Menschen – viele Meinungen zum Kann-Kind

Meine Tochter war  mit ihren 5,5 Jahren damals geistig mehr als fit für die Schule. Sie las in zwei Sprachen, schrieb erste Worte und auch die Zahlen machten ihr Spaß. Stundenlang konnte sie sich allein beschäftigen und spielte, wie sollte es auch anders sein, mit ihren Freundinnen, Puppen und Kuscheltieren “Schule”. Das Thema was immer mehr präsent bei uns und ich muss sagen, dass sowohl Kinderarzt, als auch die Erzieherinnen bestätigten dem Kind eine absolute Schulreife. “In der Kita hat sie nichts mehr verloren”, so hieß es immer. Die Omas und auch viele Freunde warnten: “Sie wird sich doch jetzt schon so langweilen in der Schule, schick sie schnell hin!”

Ja meine Tochter wusste viel zu viel für die erste Klasse, sie wollte diese Sachen lernen und keiner hatte sie gedrängt. Gern haben wir ihr alles gezeigt und erklärt und sie hat es spielerisch gelernt und angewandt. Wäre es anders, keiner hätte sich die Mühe gemacht, dem Kind etwas aufzudrängen, nur um es mit Wissen voll zu stopfen. Ich habe, so glaube ich, eine gesunde Einstellung dazu. Die Kinder dürfen lernen, wenn sie danach fragen und müssen nicht, wenn sie nicht wollen. Den Wissensdrang ausbremsen finde ich einfach furchtbar, genauso wie Kinder zu zwingen mehr zu können, als in einem Alter nötig, nur um damit zu prahlen.

Wir hörten damals auf die vielen Stimmen und ich hatte Angst, dass mein Kind später keine Lust mehr auf Schule hat, wenn alles nur noch langweilig ist. Daher gingen wir zur Vorschuluntersuchung und meldeten das Kind in unserer Wunschschule an. Alles schien in Richtung Schule zu gehen. Alle Ampeln auf grün und tatsächlich, sogar die eigentlich immer überfüllte Wunschschule hatte einen Platz. Aber…

Warum wir uns dagegen entschieden haben

Aber in meinen Bauch war ein permanentes Grummeln, ich lag Nächtelang wach und grübelte. Etwas tief in mir schrie: Wozu? Warum? Was bringt es, dass sie als Kann-Kind früher mit der Schule fertig ist? Sie kann dann ein Jahr früher studieren und arbeiten? Das Kind selber fragte gar nicht so oft nach der Schule und ging gern in die Kita. Ihr schien es sogar ziemlich egal zu sein. Mein größter Zweifel war übrigens nicht, dass sie den Stoff nicht schaffen würde, sie war in meinen Augen einfach zu zierlich und auch sehr sensibel. Bei Streit weinte sie immer und zog auch immer den Kürzeren. Sogar im Streit mit jüngeren Kindern. Wie sollte es auf dem Schulhof sein? Die großen Kinder waren ihr damals auch nicht geheuer. Für mich stand eine Sache damit ganz klar: Sie war zwar reif an Wissen, aber sozial einfach noch nicht so weit und ich wollte, dass sie da noch die Zeit hat zu reifen.

So, lange Rede, kurzer Sinn. Auch mein Mann gab mir Recht, als er meine Zweifel hörte. Wir zogen die Anmeldung zurück und unsere Wahl war richtig. Wir hatten zwar den Platz in der Schule verloren, aber wir haben im nächsten Jahr wieder das Glück gehabt einen neuen Platz zu bekommen. Mein Kind hatte weder in der Kita, noch in der Schule auch nur einen Tag Langeweile. Sie wurde nach einem Jahr viel selbstbewusster eingeschult und das war mir für sie wichtig.

Hört auf euer Bauchgefühl

Ganz ehrlich, ich möchte niemandem rein reden. Jede Mutter gibt sich viel Mühe und macht sich viele Gedanken. Jedes Kind ist so anders und das ist auch gut so! Ob ich mich bei meinem Jüngsten Kann-Kind für, oder gegen eine Kann-Einschulung entscheiden werde, weiß ich heute nicht. Ich kenne eine Menge an Kindern, die früher eingeschult wurden, weil es einfach perfekt passte und jedes Kind macht seinen Weg. Meinen Text aufzuschreiben, hat eigentlich nur den einen Sinn, Mütter zu erreichen, die in einer Situation sind, ähnlich meiner. Denen möchte ich sagen, hört auf euer Bauchgefühl, es hat oft mehr Recht als alle Spezialisten in eurem Umfeld und alle die Leute, die es angeblich besser wissen.

Schulstart Kann-Kind

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